Kommunikation in der Partnerschaft ist sehr vielschichtig. Der Psychologe Friedmann Schulz von Thun hat in seinem Buch „Miteinander Reden“ dieses Thema ziemlich gut erklärt. Schulz von Thun:

 

Schulz von Thun: Miteinander Reden

Wenn du deinem Partner etwas sagst, z.B. „ich gehe jetzt nach Hause“, dann hat diese Nachricht 4 verschiedene Botschaften.

1. Den Sachinhalt: Worüber informiere ich?

Das ist ja absolut einfach: Ich informiere dich, dass ich jetzt den Heimweg antrete.

Dummerweise ist das aber nicht alles. Zwischen mir und dir gibt es noch einige andere Informationen, und die können uns das Leben echt schwer machen.

 

2. Die Selbstoffenbarung: Was ich von mir selbst kundgebe

Also erst mal: Ich kann gehen und ich habe ein zuhause. Aber noch viel mehr: Vielleicht habe ich keine Lust mehr auf das gemeinsame Treffen. Vielleicht ist es spät und ich bin müde und muss ins Bett. Vielleicht habe ich noch Arbeit und die muss ich jetzt machen.
Ich gebe also einiges von mir kund. Bewusst oder unbewusst. Schließlich zeige ich ja auch was von mir selbst, wenn ich rede. Ich möchte zwar eine Info vermitteln, gebe aber auch immer ein Bild von mir selbst ab.
Wenn ich zu früh nach Hause gehe, könnte das zeigen, dass ich ein Spielverderber bin. Oder keinen Antrieb habe. Oder dass derjenige Zuhause über mein Ausgehen bestimmen darf. Oder, oder, oder.
Ich offenbare mich also selbst.
Wir hatten nun erstens die Sachbotschaft und nun die Selbstoffenbarung.
Okay, und nun kommen wir zum 3. Punkt: Nämlich die Beziehung, die wir untereinander haben.

 

3. Die Beziehung: Was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen

Nun kommt dein Gegenüber mehr ins Spiel. Du wirst in deiner Nachricht „ich gehe jetzt nach Hause“ nämlich ganz viele Dinge sagen, die deinen Partner direkt betreffen:

Z.B. durch deinen Tonfall oder deine Mimik.
Du weißt sicher genau, wie man „ich gehe jetzt nach Hause“ so sagen kann, dass ein tiefes Bedauern zum Vorschein kommt. Der Tonfall sagt dann deinem Empfänger: ich finde es total doof, aber ich muss jetzt leider, leider gehen. Eigentlich würde ich lieber bei dir bleiben.“
Du kannst es aber auch so sagen, dass dein Partner denkt: „Oh Mann, der will ja schneller weg als ich gucken kann. Habe ich irgendwas angestellt? Habe ich was falsch gemacht? Oder mag mich der andere vielleicht nicht mehr?“

 

4. Und schließlich der Appell: Wozu ich dich veranlassen möchte

Die meisten Dinge, die wir aussprechen, sollen etwas bewirken. Wenn du deinem Partner sagst: Ich liebe dich. Dann möchtest du schon gerne, dass dir dein Partner das Gleiche sagt, oder?

Und was ist der Appell, wenn du sagst „ich gehe jetzt nach Hause“? Willst du, dass dein Partner dich davon abhält? Oder soll er dich begleiten? Oder soll er dich in Ruhe lassen?
Viele Möglichkeiten!
Also, wir hatten 4 Botschaften in einer einzigen Aussage:
Die Sachnachricht selbst, dann die Selbstoffenbarung, dann die Beziehung und schließlich der Appell.
Du siehst also, ein ganz einfacher Satz hat immer viele Ebenen. Und jetzt wird es wirklich kompliziert. Denn dein Partner hat auch noch alle 4 Ebenen, wenn er deine Botschaft hört.

 

D.h. er hat auch noch 4 verschiedene „Ohren“.

 

1. Das Sach-Ohr

Viele Leute empfangen eine Botschaft nur als Sach-Nachricht. Vor allem Männer und Akademiker.

Wie schon im Beispiel erwähnt: wenn eine Frau vor dem Spiegel steht und sagt: „Oh Mann, ich bin einfach zu dick“, dann sollte der Mann wirklich nicht so reagieren, als wäre das eine Sachbotschaft. „Ja, also hast du denn zugenommen? Jetzt über den Winter kann das ja schnell passieren!“
Oh weh!
Die beiden reden völlig aneinander vorbei und schwupp haben wir eine Beziehungskrise.

 

2. Das Beziehungs-Ohr

Häufig hören wir die Botschaften mit dem Beziehungs-Ohr. D.h. egal was der Partner sagt, wir denken, er will uns etwas zu unserer Beziehung klarmachen.

Sagt z.B. der eine Partner: „Also Heiraten ist eigentlich nicht so meins!“
Dann hört der mit dem Beziehungs-Ohr: „Er will mich nicht heiraten, es liegt an mir, grundsätzlich würde er vielleicht schon heiraten, aber mich eben nicht!“

 

3. Das Selbstoffenbarungs-Ohr

Wenn der Partner total müde und genervt nach Hause kommt und als erstes über die Unordnung schimpft, dann meint das wahrscheinlich nicht: Hier ist es so schrecklich unordentlich. – Das wäre übrigens die Sachbotschaft.

Und wahrscheinlich will er auch nicht sagen, dass der Partner, der schon zu Hause ist, grundsätzlich ein schlechter Mensch – das wäre das Beziehungsohr.
Höchstwahrscheinlich will er sagen: „Mir geht es schlecht, ich bin k.o. und müde. Am besten lege ich mich kurz hin, dann bin ich in 10 min wieder fit und zu gebrauchen.“ Das ist dann eine Selbstoffenbarung, wenn wir es so hören, hören wir mit dem Selbstoffenbarungs-Ohr.

 

4. Das Appell-Ohr

Schulz von Thun sagt, dass es gibt Menschen, die hören immer alles als Appell. Wenn der Partner bei Frühstück sagt: „Ist da noch Kaffee in der Kanne?“ dann springt der mit dem Appell-Ohr auf und sagt: „Ich mach sofort nochmal welchen!“ Der Mensch mit dem Appell-Ohr denkt immer an andere und kommt dabei selbst komplett zu kurz. Auch dem Partner gefällt das nicht unbedingt, er muss aufpassen, was er sagt, da ja alles als Appell gesehen wird.

 

Wie du siehst, ist das mit der Kommunikation nicht so leicht.

Aber spannend!!

 

Versuche dich selbst mal zu überprüfen: Bist du jemand, der immer alles als Sachbotschaft sieht und deswegen sich oft wie ein Elefant im Porzellanladen verhält?
Oder hörst du alles auf dem Beziehungs-Ohr. Ist es egal was der Partner sagt, bist du immer in der Gefahr, dass du dich verletzt oder kritisiert fühlst?
Vielleicht schaust du hinter die Dinge, die dein Partner sagt und fragst dich, was hier wirklich los ist?
Oder versuchst du jederzeit für alle anderen eine angenehme Umgebung zu schaffen und vergisst oft dich selbst?

Manchmal könnte man meinen, wir sollten uns vielleicht besser gar nicht unterhalten. Aber das ist wirklich falsch. Letztlich ist alles eine Frage der Kommunikation.
Egal, wie es gerade bei dir und deinem Partner aussieht: Sprecht über alles.
Und bemüht euch, den anderen so zu verstehen, wie er es gemeint hat.

 

Nachfragen

Ein gute Möglichkeit ist es, nachzufragen. „Habe ich dich jetzt richtig verstanden, du willst noch Kaffee?“

Das geht aber natürlich nicht immer.

Eine grundsätzliche Regel kann man sich merken: Wenn ein Partner sagt, er sei zu dick geworden, so will er gerne eine Ermutigung von dir.

 

Ermutigung

Wie sieht es mit Ermutigung grundsätzlich bei euch aus?

Ermutigst du deinen Partner? Und ermutigt er dich?

Gewöhne dir an, deinem Partner jeden Tag zu sagen, dass du ihn liebst. Und sage ihm auch, was du besonders an ihm liebst. Hinterlasse manchmal eine Notiz, oder schicke eine Postkarte, schreibe mit Lippenstift auf den Badspiegel, was an deinem Partner für dich so besonders ist.

 

Reden, Reden, Reden

Und habt Geduld miteinander. Gerade in den ersten Wochen, Monaten und auch den ersten Jahren der Beziehung kann sich eure Kommunikation schnell wie 2 Schiffe in der Nacht verhalten: Ihr redet komplett aneinander vorbei. Schaut euch in den Blog mit den Gesprächsvorschlägen an. Redet miteinander.

 

Diskussionen und Streits

Und auch wenn ihr diskutiert oder mal streitet – das macht gar nichts. Es zeigt nur, dass ihr euch beide in eurer Partnerschaft sicher genug fühlt, auch eure eigenen Meinungen zu vertreten. Nur denkt daran: Nicht unfair werden, werdet nicht unverschämt und verletzend zueinander, werdet niemals körperlich aggressiv, lasst den anderen ausreden und … und versöhnt euch auf jeden Fall wieder, vergebt einander!

 

Blindes Verständnis

Ach ja: Ganz wichtig:
Bitte denke nicht folgendes: „Wenn mich mein Partner wirklich liebt, dann weiß er auch, was ich gerade empfinde oder wie es mir geht oder was ich denke.“
NEIN! Das weiß dein Partner nicht. Auch wenn er dich noch so sehr liebt, er hat keine Chance, in deinen Kopf oder dein Herz zu schauen. Sage, was dir auf dem Herzen liegt. Sprich deine Gedanken aus. Niemand kann wissen, was im komplizierten Gehirn eines einzelnen vor sich geht: Niemand! Auch nicht dein Partner. Gib ihm die Chance, dich zu verstehen! Er möchte dich verstehen!

Kommunikation ist etwas ganz Wunderbares. Und nirgendwo macht Kommunikation mehr Spaß als in einer Partnerschaft. Aber es ist auch ein bisschen Arbeit. Doch es lohnt sich. Ich hoffe Schulz von Thun konnte dir genauso weiter helfen wie mir.

Viel Spaß dabei!

 

Lies dazu: Lifelong – Kommunikation in der Partnerschaft Teil 1